Den letzten Abend in Tallinn habe ich mit Markus, Lou und Anouk verbracht. Die beiden Berlinerinnen waren einen Tag früher als geplant in Tallinn und so konnten wir noch zusammen Pizza essen und die beiden durch die Stadt führen, Markus und ich kennen Tallinn ja bereits wie unsere Westentasche. Es ist unglaublich, wie schön diese Stadt ist, wenn die Sonne nur noch kurz untergeht und es nicht mehr richtig dunkel wird, ist die ganze Stadt in ein besonderes Licht gehüllt. Am nächsten Morgen sind wir dann früh aufgebrochen, um auf unsere Fähre mach Helsinki zu kommen. Anouk und Lou sind sogar noch winken gekommen. Die Fährfahrt nach Helsinki haben Markus und ich auf dem Sonnendeck bei schlechter finnischer Musik und guten Bier genossen. Nach ca. 2 Stunden war der Spaß vorbei und wir befanden uns im hektischen Helsinki.
Der Abschied von Markus rückte immer näher, da sein Flug nach Hause schon am nächsten Tag ging. Wir haben beschlossen uns die Stadt nicht anzusehen, und lieber einen Campingplatz in der Nähe des Flughafens zu suchen. Der Weg zum Campingplatz war überraschend hügelig und bot mir eine kleine Vorahnung, was mich in den nächsten Tagen erwarten sollte. Den letzten Abend haben wir zusammen gekocht und bei einer Partie Schach zusammengesessen und über die vergangenen Tage gesprochen. Es war superschön, das Markus mich von Litauen über Lettland, Estland bis nach Helsinki begleitet hat.
Es war wunderbar einen vertrauten Freund an der Seite zu haben, der mit einem leidet, wenn es im Regen bei Gegenwind auf und ab geht, sich freut wenn es im Supermarkt die lieblings Teilchen gibt und mit dem man gemeinsam entscheidet, wie es nun weiter geht, wenn man sich nicht sicher ist, was man nun machen sollte. Der Abend ging viel zu schnell vorbei und am Nächsten morgen haben wir uns nach dem Kaffee verabschieden müssen. Nach ein paar Kilometern wurde mir dann so langsam klar, dass ich wieder auf mich allein gestellt bin. Ein wenig bedrückt von dieser Erkenntnis habe ich meinen Weg Richtung Norden allein fortgesetzt. Um auf andere Gedanken zu kommen und um dem Autolärm zu entkommen habe ich mir angewöhnt weiter die doch ziemlich grenzwertige Musik zu hören, die wir zuvor immer gemeinsam gehört haben. Am Anfang habe ich noch ab und an in den Rückspiegel geguckt, um nach Markus zu sehen.
Als ich mich wieder daran gewöhnt habe, alleine zu fahren habe ich erst mal bemerkt, wie fordernd aber auch schön die Landschaft in Finnland ist. Es ging durch wunderschöne Dörfer vorbei an Seen und über lange geraden durch endlose Wälder und es ging auf und ab. Am Ende der ersten Tage hätte ich oft über 100 km und an die 1000 Höhenmeter. Geschafft bin ich in mein Zelt gefallen.
Den morgendlichen Kaffee musste ich leider ab der Verabschiedung von Markus ausfallen lassen, weil es nur Familienpackungen instant Kaffee gibt, die zudem noch Schweine teuer sind. Ich habe angefangen, an der ersten Möglichkeit morgens anzuhalten und dort meinen morgendlichen Kaffee zu trinken. Ein paar Mal bin ich dabei ein bisschen ins Gespräch gekommen. Die meisten Finnen, die ich kennengelernt habe, sind zwar sehr höflich aber doch eher kühl und distanziert. Die Sprachbarriere kann es eigentlich nicht sein, die meisten Finnen sprechen ausgezeichnet englisch. Aber es gab auch sehr herzliche Begegnungen.
Eine Campingplatz Besitzerin hat mich fast gezwungen Ihr selbst gebrautes Bier (zum Mittsommerfest brauen viele Finnen Ihr eigenes Bier) zu probieren. Das Bier war fantastisch! Ich hatte mich schon damit abgefunden den Weg Richtung Nordkap alleine zu fahren, da haben Anouk und Lou mir geschrieben das, Fritz ein Schweizer Reiseradler, dem die beiden in Litauen kennengelernt haben, sich spontan dazu entschlossen hat bis zum Nordkap zu fahren. Wir haben die Kontakte getauscht.
Mach einigen Nachrichten war ein Plan gemacht. Fritz wird mich einholen und wir werden sehen, ob wir auskommen und einen Teil gemeinsam fahren. Die ersten Tage nach dieser Nachricht liefen bei mir ganz gut. Motiviert und dem Zwischenziel so nahe flog ich förmlich über die Hügel Richtung Lappland. Vor 3 Tagen fing es an stark zu regnen und es wurde schlagartig kalt! Fritz war ca. 170 Kilometer hinter mir. Ich hab mich entschlossen, etwas Brauchbares zum Übernachten zu suchen und dort auf Fritz zu warten. In meinem GPS sind kleine Unterstände eingetragen und so habe ich mein Glück versucht einen geeigneten zu finden.
Das Signal hat mich mit meinem voll beladenen Fahrrad auf einen Naturwanderweg über Stock und Stein und durch dichtes Gestrüpp geführt. Ich war Nass habe gefroren und war mit meinen Nerven am Ende! Ich war aber schon so weit im Gebüsch, das Umkehren für mich nicht mehr infrage gekommen ist.
Als ich nach ca. 40 Minuten Schinderei nass vor dem Unterschlupf stand, war aller Ärger wie weggeblasen. Die Hütte war perfekt! Ein wenig dreckig aber ansonsten in tadellosem Zustand. Es gab eine Feuerstelle und trockenes Holz im Überfluss. Nachdem ich aufgeräumt und ein Feuer entzündet habe, habe ich Fritz informiert und auf ihn gewartet. Fritz war noch ca 50 Kilometer entfernt und brauchte daher noch ein paar Stunden. Am frühen Abend ist er mit seinem Fahrrad durch das dicklicht gestapft und hat Bier und Grillgut im Gepäck gehabt. Wir haben uns lange unterhalten gegessen und getrunken, bevor wir in der gemütlichen Hütte eingeschlafen sind.
Fritz ist in Bern gestartet, wollte nach Helsinki und an den Finnischen Meerbusen und dann zurück nach Hause. Er ist schneller gewesen als erwartet und hat sich dann spontan entschieden, noch ans Nordkap zu fahren. Wir sind nun schon 2 Tage zusammen unterwegs und ergänzen uns super. Das Tempo hat mit Fritz noch mal ordentlich angezogen und wir fahren ca. 150 Kilometer am Tag. Heute haben wir Finnland am Meerbusen verlassen und fahren auf der schwedischen Seite Richtung Nordkap. Wir Zelten an einer kleinen Feuerstelle am Fluss und sind nur noch 45 Kilometer vom Polarkreis entfernt. Morgen werden wir dann endlich den Polarkreis überqueren. Es ist überwältigend für mich und ich kann es selbst noch gar nicht richtig begreifen. So oft habe ich zu Hause vor der Karte gesessen und bin die Route durchgegangen …
Jetzt bin ich hier, so weit im Norden wie noch nie, habe die Route schon 10-mal geändert, gemerkt das ich viel zu viel Gepäck dabei habe, die Sonne geht nicht mehr unter und es ist viel schöner als ich es mir ausgemalt habe.
Die Einsamkeit habe ich dank meiner lieben Freunde gut bewältigt und das Nordkap ist zum Greifen nahe!
Nur noch 745 Kilometer und 5400 Höhenmeter.
scheidungsgrund mit f: fähre, finnland oder fritz
Oh Felix, wenn ich das lese fiebere ich sowas von mit. Irre, fühlt sich ein bisschen so an als wär man mit.
Küsse und Herze! Wir freuen uns aber auch wenn du wieder heil daheim bist.
auf dem zweiten Foto sieht es ein bisschen so aus als hättest du einen gaaanz langen Arm…. hihi
Das Bild mit dem Zelt am Wasser ist sooo schön! Würd ich auch gerne mal reinschluppen..
🙁 hab 1 bisschen geweimt
Ich glaube ja langsam, dass du dich irgendwo ein paar Kilometer von Köln versteckst und das alles mit PowerPoint gebastelte Fotomontagen sind. So blau kann der Himmel doch gar nicht sein (es sei denn, hoch im Norden wird besser gesprüht als bei uns) und ein Schweizer namens Fritz, sowas hat man ja noch nie gehört.