Swinoujscie – Darłowo – Gdańsk – Krynica Morska

Polen habe ich nun fast hinter mir gelassen. Es war wunderschön aber auch ziemlich nervenaufreibend zwischendurch. In Swinoujscie war alles noch ziemlich deutsch, ich bin kaum aufgefallen unter den ganzen Touristen.

Das Meer, immer Links von mir 😉

Das hat sich aber mit jedem Kilometer den ich Richtung Nordosten zurückgelegt habe schlagartig geändert. In den kleinen Dörfern an der Ostsee ist man mit den Vorbereitungen auf die Ferien und Urlaubszeit beschäftigt… das hat zur Folge das kaum ein Laden geöffnet ist und die Dörfer wie leergefegt sind. Die Leute die dort sind, sind zum Arbeiten gekommen und beäugten mich eher kritisch hatte ich das Gefühl. Ich glaube man ist dort eher die Typischen All inclusive Touristen gewöhnt. Wenn ich dann doch mal eine Unterhaltung hatte, bin ich aber immer sehr nett und freundlich behandelt worden. Die Landschaft und das Wetter in Polen haben es immer gut mit mir gemeint, ich habe nur einen Tag regen gehabt und Tagsüber schien so gut wie durchgehend die Sonne.

 

Autoteile neben der Straße.

Was mich allerdings die ersten Tage noch geschafft hat war der nicht aufhörende Gegenwind und die schlechten Radwege ( sofern vorhanden). Der Ostseeküsten Radweg ist nur in kleinen Abschnitten befahrbar, hört ab und zu einfach auf oder endet im Sand. Die Beschilderung ist manchmal sehr Rätselhaft so das man ohne GPS oder Karte richtig aufgeschmissen ist. Die einzige Alternative ist die Landstraße, die jedoch ist sehr stark befahren… ich bin regelmäßig in den Graben ausgewichen, wenn ich im Spiegel einen LKW oder Reisebus anrauschen sah. Manche Straßen haben einen kleinen Seitenstreifen auf dem es sich ganz gut fahren lässt. Leider nutzen manche Fahrer diesen Streifen mit und man muss auch dort aufpassen. Fehlt der Seitenstreifen merkt man schnell, das man als Fahrradfahrer kein vollwertiger Verkehrsteilnehmer ist. Teilweise scheren überholende im Gegenverkehr aus und rasen auf einen zu! Überholt wird auch auf unübersichtlichen Strecken und in Kurven. Die Straßengräben sind stellenweise mit Karosserieteilen gesprenkelt 😉

Aber so bescheiden die Straßen sind, Polen ist Wunderschön. Die einsamen Strände der Ostsee, die kleinen Dörfer auf dem Land, das sagenhafte Essen und die Gastfreundschaft der Polen sind einmalig. Ich war noch nie richtig in Polen und habe eine vollkommen falsche Vorstellung gehabt. Ich dachte in Polen wäre ein bisschen die Zeit stehen geblieben. Aber Polen ist super Modern! Überall wird gebaut, man kann fast immer mit Karte bezahlen. Nach den ersten Tagen habe ich dann noch Raphael kennengelernt, ein junger Krakauer der mit dem Fahrrad von Stettin über die Küste und die Masuren (eine einmalige Seenlandschaft) zurück nach Krakau fährt. Wir sind eine Weile zusammen gefahren und haben und dann entschlossen gemeinsam zu campen.

 

Mir war nachts schon ein wenig mulmig da wir ziemlich nah an einer Straße waren, aber wir wurden nachts nicht gestört. Am nächsten Morgen ging es früh los, Raphael hat keine Angst vor der Landstraße und fährt ein hohes Tempo. Gegen Mittag haben wir schon meine angepeilten 80 Kilometer erreicht. Mir war das alles ein wenig zu schnell, und die Landstraße ist mir zu diesem Zeitpunkt noch zu gefährlich. Ich habe mich dann von Raphael getrennt und bin zurück an die Küste. Der Weg war zu beginn super und ich habe an diesem Tag die 1000 Kilometer grenze geknackt. Die Küste war super schön und das Wetter konnte nicht besser sein.

Finde den Weg.

Nach ein paar Kilometern änderte sich der Weg schlagartig. Ich war auf einer Nehrung, als der Weg plötzlich einfach aufhörte und vor mir nur noch Sand. Umkehren wollte ich nicht da ich schon zu weit auf der Nehrung war. Ich hoffte das der Weg bald wieder weitergehen würde und habe angefangen mein Fahrrad durch den Sand zu tragen. Wer schon mal ein voll beladenes Fahrrad durch den Sand getragen hat kennt die Strapazen. Leider war kein Ende in Sicht und ich habe letztendlich mein Rad ca. 3 Kilometer tragen müssen. Während dieser Strecke begann ich zu zweifeln, hätte ich doch mit Raphael auf der Landstraße bleiben sollen? Die Einsamkeit holte mich ein. Der soziale Kontakt nach den ersten Wochen alleine hat gut getan, hat mir aber auch wieder gezeigt das ich alleine unterwegs bin. Nachdem ich wieder auf dem festen weg war, war meine Stimmung dahin. Ich habe gezweifelt ob das was ich mache wirklich das richtige für mich ist. Ein längeres Telefonat mit Lea hat mir wieder mut gemacht. Aus Mangel an Alternativen und um nicht alleine zu sein habe ich eine Nacht im Hotel verbracht und zusammen mit Lea über FaceTime (Videochat) zu Abend gegessen. Am nächsten Morgen war die Psyche wieder gerade gerückt und ich habe mich entschlossen die Küste zu verlassen.

Vielleicht haben die Autofahrer so mehr Respekt.

Mein Weg führte auf die Landstraße Nr. 211 Richtung Gdansk (Danzig) nun hätte ich ca. 200 Kilometer Zeit meine Furcht vor der Straße zu überwinden. Von Stunde zu Stunde wurde meine Angst weniger, ich habe mir angewöhnt immer einen Blick auf den Spiegel zu haben und wenn mir unwohl wurde bin ich in den Graben ausgewichen und habe den Fahrern wilde Beschimpfungen hinterher geschmettert. Gut gelaunt trotz Landstraße, Gegenwind und Höhenmetern habe ich dann an einer Tankstelle Pause gemacht. Ein Reisebus aus Deutschland fuhr kurz nach mir auf dem Rastplatz und ich bin schnell ins Gespräch gekommen. Es hat gut getan mal mit jemanden in seiner Muttersprache zu sprechen. Gut gelaunt machte ich mich wieder auf den Weg Richtung Osten. Vor einer Baustelle (Gegenfahrbahn war gesperrt) wollte ein Lieferwagen noch schnell vor mich ziehen und hat mich dabei leicht gestreift. Ich bin zum Glück nicht hingefallen war aber Stinksauer und geschockt. Wild schimpfend und gestikulierend habe ich versucht den Idioten einzuholen… ich hab es nicht geschafft. Vielleicht auch besser so. Ich habe den Vorfall dann doch recht schnell vergessen.

 

Pirogi und Bier

Abends wurde es dann langsam dunkel und ich befand mich schon in den Vorläufern von Danzig. Zu geschafft und verwöhnt von dem Billigen Hotel habe ich beschlossen einen Tag Pause einzulegen und in ein Hotel zu gehen. Erst hätte ich ein schlechtes Gewissen weil es ja nicht dem Abenteuer entspricht das ich mir vorgestellt habe… nachdem ich mir aber eingeredet habe das ich spätestens in Norwegen genug Zelten muss habe ich WLAN und Dusche ohne Gewissensbisse genossen.

 

 

 

Ein schönes Haus in Danzig.

Nachdem ich neue Kraft getankt hatte fühlte ich mich bereit für Danzig. Danzig war schöner als ich es mir vorgestellt hatte. Nur die Masse an Touristen hat mich abgeschreckt eine Nacht zu bleiben. Ich habe ein Paar Stunden in der Altstadt verbracht und mich dann dazu entschlossen weiterzuziehen.  Die Entscheidung Danzig zu verlassen war richtig! Abends habe ich Stefan kennengelernt, wir saßen einzeln an Tischen in Restaurants und haben den Gesprächen einer Gruppe deutscher Wohnwagen Touristen gelauscht. Die Camper haben sich unmöglich verhalten und teils rassistische Sprüche von sich gelassen. Angeekelt unserer Tischnachbarn sind wir ins Gespräch gekommen. Stefan war mit Fußball Kumpels in Polen und hat danach ein paar Tage allein Urlaub gemacht. Wir haben ein paar Bier getrunken und über Gott und die Welt gesprochen.

 

 

Zum Abschied hat Stefan mir noch einen Angler Stuhl und Schnaps geschenkt 😉

Danke Stefan!

 

 

Grenze Polen -Russland

Am nächsten Tag ging es für mich weiter auf die Nehrung am frischen Haff. Die Strände waren noch schöner als zuvor. Ich wollte eine Nacht bleiben. In der Nacht habe ich das Rauschen der Ostsee im Zelt gehört und super geschlafen. Am nächsten Tag bin ich dann bis zur Polnisch Russischen Grenze mit dem Fahrrad durch wunderschöne Wälder gefahren. Auf dem Haff kann man die Grenze nicht überqueren, da mein Visum erst ab dem 1.6 gültig ist wäre das eh keine Option. Am Zaun angekommen war es schon ein wenig beklemmend, 2 Meter weiter hört Europa auf und Russland fängt an. Der Zaun ist auch wenig beeindruckend, die Warnschilder dann schon mehr 😉 bis zu 3 Jahre Gefängnis sind eine Geldstrafe erwarten einen wenn man den Zaun überquert. Nach kurzer Zeit war auch schon der Polnische Grenzschutz da und lies sich auch von meinem schönsten dzień dobry (guten Tag) nicht davon abhalten grimmig zu gucken. Meine Frage ein Foto vor dem beeindruckenden Militärfahrzeug zu machen hätte ich mir sparen können. So machte ich mich dennoch gut gelaunt auf den Rückweg und habe dabei beschlossen hier ein paar Tage zu bleiben um auf die Gültigkeit des Visums zu warten. Wie es der Zufall so will wurde mir ein kleines Zimmer über einer Pizzabäckerei angeboten in dem ich bis Montag für ca. 70€ bleiben kann. Ich bekomme zusätzlich 10% im Restaurant und der Eisdiele am Strand. Ihr wisst ich liebe Pizza! Wie kann ich da ablehnen?

Mein Zimmer hat einen kleinen Balkon auf dem ich gerade sitze und den Blog hier schreibe.

Polen hat mich angenehm überrascht und mich ab und zu an meine Grenzen gebracht. Ich würde jederzeit wiederkommen! Dann aber mit Mountainbike, Flugzeug oder Zug. Autofahren ist mir zu nervenaufreibend 😉

Ein ganz besonderer Dank noch an Martin und Robin aus Münster! Martin hat mir nun schon den zweiten Podcast (eine Audiodatei) geschickt in dem viele aufmunternde und unglaublich liebe Worte an mich gerichtet werden, Frühstücksgespräche in der Münster Wg aufgezeichnet wurden und Martin ganz persönlich von seinen Abenteuern berichtet! Es hat mir unglaubliche Freude bereitet euch zuzuhören ?

Das dieser Blog so gut gelesen und kommentiert wird ist klasse! Ich kann nicht auf alles antworten aber ich lese alles und es baut mich auf und ermuntert mich zum Weitermachen.

Ihr seid klasse! Danke euch ?

6 Gedanken zu „Swinoujscie – Darłowo – Gdańsk – Krynica Morska“

  1. Oooh man Felix, das klingt alles so geil! Pizza und Eis!! Uuuund das Meeeeeer <3
    Die Bilder sind der Hammer.
    Tätschel deinen Lederpo und behalte den Spiegel weiterhin gut im Auge!
    Grüße vom dutzi vom has und von mir

  2. Ohh, Felix 🙂 Ich möchte im Sommer mit meiner Freundin Eva mit dem Rad durch Polen und Tschechien. Aber wegen wenig Zeit haben wir auch Interrail Tickets. Anhand deiner Schilderung über die Wege klingt das sinnvoll und vielversprechend, wo es dir so gut gefallen hat 🙂 ich denke, wir werden uns auf jeden Fall noch einen Spiegel anschaffen. Ich hab ähnlich viel Respekt vor der Landstraße wie du. Gut, dass dich Lea so aufbauen konnte und toll mit den Podcasts. Ich hab dir zwar bisher noch nichts aufnehmen können, aber eine Empfehlung für dich. Zwei ehemalige Kölncampusler machen gerade für den DLF eine Podcast-Reihe zum Radfahren. Radfunk! Gibt’s in der dlf Audiothek zum Download. Insgesamt soll es 6 Folgen geben. Bisher gibt’s 3. Ich find es schön, dass du dir zwischendurch ein bisschen Luxus gönnst, hast du dir verdient!

    1. Hey Caro 🙂 Interrail Kling super! Allerdings sollen die anderen Radwege nicht so schlimm sein wie der Ostseeküsten Radweg. Und vielleicht sind die Baustellen ja bis Sommer auch schon weniger geworden 😉 Ich habe zum Spiegel noch Warnweste und Helm. Wenn ihr aber Interrailt, könntet ihr ja auch nach Litauen Lettland und Estland. Da soll es Fahrradtechnisch viel besser sein. Ja der Draht nach Hause ist ganz wichtig wenn man allein ist hab ich gemerkt. Wenn man alleine unterwegs ist muss man alles mit sich alleine ausmachen im ersten Moment… das ist ganz schön seltsam am Anfang 😉
      Die Podcasts werde ich mir bei der nächsten WLAN Gelegenheit zu Gemüte führen. :-* Danke

  3. Hallo Felix,

    Schon wieder ein sehr schöner Blog von dir. Da ich die Strecke zum Teil mit dem Motorrad gefahren bin, kann ich deine Erlebnisse gut nachvollziehen. Gerade der Grenzübergang über die Nehrung ist für Enno und mich unvergesslich, wobei die Kontrolle auf polnischer Seite bis ins kleinste Detail ging. Lediglich meine Yogamatte musste ich nicht aufrollen, alles andere durfte ich bis zur Unterwäsche auspacken und wieder in die Motorradkoffer packen. Dabei sollte ich erwähnen, dass es in Strömen regnete!
    Auf russischer Seite hatten wir nur mit den kyrillischen Buchstaben der Antragsformulare zu kämpfen, hatten aber im Grunde sehr nette Grenzer die uns beim Ausfüllen halfen.

    Wir warten auf deinen nächstens Blog.

    Grüße von der Großfamilie. Halt die Ohren steif, irgendwann gibt es auch mal Rückenwind und dann brauchst du sie!
    Franz+Kerstin

    1. Hallo Franz, ich musste an eure Reise denken als ich nach Kaliningrad eingereist bin. Ich wurde nur bei der Ausreise nach Litauen etwas Schäfer kontrolliert! Das Migrations Formular bei der einreise hat der Russische Grenzer für mich mit dem Computer ausgefüllt 🙂 Ich würde mich zwischendurch über ein wenig Regen freuen, aber das ändert sich bestimmt in Skandinavien. Ganz liebe grüße an alle!

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